Spielervermittler im Profifußball – und das Kartellverbot

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem Verfahren, in dem u.a. über die Frage gestritten wird, ob einzelne Regelungen des vom DFB erlassenen Reglements für Spielervermittler (RfSV) gegen das Kartellverbot aus Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet:

In dem beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren haben ein Unternehmen, das eines der führenden Beratungsunternehmen für junge Talente und Profifußballer in Deutschland ist und deren Tätigkeit die Beratung im Zusammenhang mit Transfers und Vertragsverlängerungen von Profifußballspielern umfasst, sowie ein österreichisches Unternehmen, das ebenfalls auf dem Gebiet der Spielervermittlung tätig ist, gegen den Deutschen Fußballbund als Dachverband von 27 deutschen Fußballverbänden mit etwa 25.000 Vereinen und mehr als 7 Millionen Mitgliedern geklagt. Als Mitglied des Fußballweltverbandes (FIFA) ist der DFB den Regelungen der FIFA unterworfen und zur Umsetzung der Entscheidungen der FIFA verpflichtet. Im Zuge des von der FIFA verabschiedeten Reglements zur Arbeit mit Vermittlern erließ der DFB das am 1. April 2015 in Kraft getretene Reglement für Spielervermittlung (RfSV). Dieses richtet sich nicht direkt an Spielervermittler, sondern an Vereine und Spieler, welche gegenüber dem Deutschen Fußballbund verpflichtet sind, die Regelungen einzuhalten. Verstöße gegen das Reglement können als unsportliches Verhalten sanktioniert werden.

Vorgeschrieben ist hiernach unter anderem

  • eine Registrierungspflicht für Vermittler;

  • die Abgabe einer Vermittlererklärung, die die Unterwerfung des Vermittlers unter diverse Statuten der FIFA, des DFB und der DFL, einschließlich der Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit, vorsieht;

  • die zusätzliche Verpflichtung einer natürlichen Person bei der Registrierung juristischer Personen;

  • ein Provisionsverbot für bestimmte Folgetransfers;

  • ein Provisionsverbot bei der Vermittlung Minderjähriger;

  • eine Pflicht zur Offenlegung von Vergütungen und Zahlungen an Vermittler.

Die beiden klagenden Spielervermittler  sind der Auffassung, dass diese Regelungen gegen das Kartellverbot verstoßen und begehren die Unterlassung ihrer Verwendung durch den Deutschen Fußballbund. Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Frankfurt am Main hat den DFB verurteilt, es zu unterlassen, nur solche Vermittler zu registrieren, die sich den einschlägigen FIFA- und DFB-Statuten unterwerfen, sofern dabei zugleich die Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit gefordert wird.  Es hat dem DFB darüber hinaus verboten, juristische Personen als Spielervermittler nur zu registrieren, wenn neben der juristischen Person auch eine natürliche Person eine Vermittlererklärung abgibt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen[1]

Auf die Berufung der beiden Spielervermittler hat das Oberlandesgericht  Frankfurt am Main das Verbot, Vermittler nur zu registrieren, wenn sie sich den FIFA- und DFB-Statuten unterwerfen, ohne die Einschränkung gemäß des Urteils des Landgerichts ausgesprochen. Darüber hinaus hat es den DFB verurteilt, es zu unterlassen, der Deutschen Fußball Liga e.V. oder einem anderen mit der Durchführung des Spielbetriebs in einer Fußballliga Beauftragten zu ermöglichen, Vereine darin einzuschränken, für Provisionen von Spielervermittlern zu vereinbaren, die prozentual Bezug auf Weitertransfererlöse nehmen. Im Übrigen hat es das Urteil des Landgerichts aufrechterhalten und die dagegen gerichteten weitergehenden Rechtsmittel der Parteien zurückgewiesen [2]. Das Oberlandesgericht hat dabei angenommen, dass die Regelungen im RfSV nach den vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung „Meca Medina“[3] aufgestellten Grundsätzen aufgrund ihrer Zielsetzung, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten, nicht dem Kartellverbot zu unterwerfen seien.

Mit ihren Revisionen wenden sich beide Parteien, die Spielervermittler wie der Deutsche Fußballbund, gegen das Berufungsurteil, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat daraufhin nunmehr das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:

  1. Finden auf das Regelwerk eines Sportverbands, das sich an Verbandsmitglieder wendet und die Inanspruchnahme von Leistungen verbandsfremder Unternehmen auf einem der Verbandstätigkeit vorgelagerten Markt regelt, die vom Unionsgerichtshof in den Urteilen „Wouters“ (vom 19. Februar 2002 – C-309/99) und „Meca Medina“ (vom 18. Juli 2006 – C-519/04 P) entwickelten Grundsätze Anwendung, wonach bei der Anwendung des Kartellverbots

    • der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen ist, und

    • weiter zu prüfen ist, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und

    • ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind (nachfolgend: Meca Medina-Test)?

  2. Falls Frage 1 bejaht wird: Ist in diesem Fall der Meca Medina-Test auf alle Regelungen dieses Regelwerks anzuwenden, oder kommt es dafür auf inhaltliche Kriterien an, wie etwa die Nähe oder Ferne der einzelnen Regelung zu der sportlichen Tätigkeit des Verbands?

Für dieses Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Der Deutsche Fußballbund ist als Unternehmensvereinigung Adressat des Kartellverbots nach Art. 101 Abs. 1 AEUV. Für die im DFB zusammengeschlossenen Fußballvereine der deutschen Profiligen stellt sich der Fußball in erster Linie als eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Die hier angegriffenen Regelungen des RfSV führen auch zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Spielervermittlung. Sie richten sich zwar nicht direkt an Spielervermittler, sondern an Vereine und Spieler, die als Nachfrager der Vermittlungsleistung zur Marktgegenseite gehören. Sie bewirken jedoch, dass die Spielervermittler ihr Verhalten an dem Regelwerk ausrichten müssen, um auf dem Vermittlungsmarkt tätig werden zu können.

Die Entscheidung des Falls durch den Bundesgerichtshof hängt damit maßgeblich davon ab, ob eine Einschränkung des Verbots des Art. 101 Abs. 1 AEUV in Betracht kommt:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind in bestimmten Fallkonstellationen bei der Anwendung des Kartellverbots der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Es ist weiter zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.

Der Unionsgerichtshof hat bereits entschieden, dass diese Grundsätze auch im Bereich der Regelsetzung von Sportverbänden angewandt werden können, wenn diese – wie Regeln zur Dopingkontrolle – untrennbar mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen Wettkampfs verbunden ist und gerade dazu dient, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten (EuGH, WuW/E EU-R 1493Rn. 43, 45 – Meca-Medina). Ob das auch für ein Reglement wie das RfSV gilt, das die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht vereinsgebundener Marktteilnehmer wie die Spielervermittler spürbar beschränkt, ist indes noch ungeklärt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Juni 2023 – KZR 71/21

  1. LG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.10.2019 – 2-03 O 517/18[]
  2. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.11.2021 – 11 U 172/19 (Kart).[]
  3. EuGH – C-519/04 P[]