Betriebsnahe Kindergärten – und die Gemeinnützigkeit

Eine Kinderbetreuungseinrichtung ist nicht gemeinnützig tätig, wenn sie sich bei der Platzvergabe vorrangig an den Belegungspräferenzen ihrer Vertragspartner orientiert.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall schloss eine GmbH mit Unternehmen Verträge über die Errichtung und den Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder der Mitarbeiter der Unternehmen. Dabei sollte die GmbH auf die Belegungspräferenz der Unternehmen Rücksicht nehmen, sofern dies mit den gesetzlichen Bestimmungen, behördlichen Auflagen und dem pädagogischen Konzept vereinbar war. Andere Personen, die nicht bei den Unternehmen beschäftigt waren, konnten einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen, wenn die Unternehmen aus ihrer Belegschaft keinen Bedarf hatten oder wenn Plätze länger unbelegt blieben.

Das Finanzamt war der Auffassung, die GmbH diene nicht gemeinnützigen Zwecken. Sie fördere nicht  die Allgemeinheit, weil ihre Einrichtungen den Beschäftigten ihrer Vertragspartner vorbehalten seien. Die Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sei daher nicht zu gewähren. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage der GmbH hat das Finanzgericht als unbegründet abgewiesen. Und der Bundesfinanzhof wies nunmehr auch die Revision als unbegründet zurück und versagte damit die Gemeinnützigkeit:

Die Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft muss gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit zu fördern. Davon ist  nur dann auszugehen, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft oder zu ihren Leistungen hat und sich der geförderte Personenkreis dementsprechend zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt und die Allgemeinheit repräsentiert. Daran fehlte es bei der GmbH. Denn sie förderte nur einen Kreis von Personen, der aufgrund der Zugehörigkeit zur Belegschaft eines Unternehmens fest abgeschlossen war. Eine verbindliche „Restplatzquote“ für andere Personen als die Beschäftigten der Vertragspartner der GmbH gab es nicht.

Der Bundesfinanzhof lehnte zudem eine Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO) ab, weil die GmbH nach ihrer Satzung nur gemeinnützige, nicht aber auch mildtätige Zwecke verfolgte.

 

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Februar 2022 – V R 1/20