Kein Arbeitsunfall bei der Verkehrskontrolle

Die Verletzung eines LKW-Fahrers im Rahmen einer Verkehrskontrolle, bei der er die Herausgabe der Fahrzeugschlüssel an die Polizeibeamten verweigerte, ist kein Arbeitsunfall.

In dem hier vom Sozialgericht Hannover entschiedenen Fall war der LKW-Fahrer am 06. April 2019 im Auftrage eines Logistikunternehmens als Fahrer eines LKW-Gespanns unterwegs, als sich im Rahmen einer Verkehrskontrolle herausstellte, dass sein Führerschein bereits seit Mai 2018 zur Beschlagnahme ausgeschrieben war. Der Untersagung der Polizeibeamten zur Weiterfahrt und der Aufforderung, das Fahrzeug zu verschließen, kam der LKW-Fahrer nach. Die Situation eskalierte als der LKW-Fahrer die Herausgabe der Fahrzeugschlüssel verweigerte. Dabei zog sich der LKW-Fahrer eine Ellenbogendistorsion mit Sehnenabriss zu, die durch Anlegen eines Oberarmgipses versorgt werden musste.

Die Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung dieser Verletzung als Arbeitsunfall, das Sozialgericht Hannover wies die daraufhin erhobene Klage des LKW-Fahrers auf Anerkennung dieses Vorfalles als Arbeitsunfall als unbegründet ab:

Das Sozialgericht stellte fest, dass sich der LKW-Fahrer zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle auf einem unter Versicherungsschutz stehenden Betriebsweg befunden habe, jedoch sei er im Unfallzeitpunkt keiner versicherten Tätigkeit mehr nachgegangen. Die Auseinandersetzung mit der Polizei, die zur Verletzung führte, habe nicht mehr im sachlichen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gestanden. Der LKW-Fahrer habe rein privat und damit eigenwirtschaftlich gehandelt, als er den Fahrzeugschlüssel hinter seinem Rücken verbarg und sich der polizeilichen Anordnung widersetzte. Nicht alle Wege, die während der Arbeitszeit oder auf der Arbeitsstätte zurückgelegt würden, stünden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend sei, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Weg bestehe.

Das Sozialgericht hob hervor, dass die polizeiliche Maßnahme zur Sicherstellung des Fahrzeuges bzw. der Schlüssel im betrieblichen Interesse der Arbeitgeberin lag. In ihrem Interesse stand es nicht, dass der LKW-Fahrer durch die betriebliche Tätigkeit die Straftat des Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis begeht.

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des sachlichen Zusammenhangs zwischen der ausgeübten Tätigkeit und dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen. Handlungen, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, unterfallen dem Versicherungsschutz. Durch die Weigerung des LKW-Fahrers, die Fahrzeugschlüssel herauszugeben, hat er seine versicherte Tätigkeit unterbrochen und privat gehandelt, sodass der Versicherungsschutz in diesem Moment erloschen war.

Sozialgericht Hannover, Urteil vom 10. Juni 2024 – S 58 U 232/20