Magdeburg rechtsextrem – versuchter Totschlag an einem türkischen Imbissbetreiber
Das Landgericht Magdeburg hat vier Angeklagte u.a. wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil eines türkischstämmigen Imbissbetreibers zu Freiheitsstrafen zwischen fünf Jahren und acht Jahren zwei Monaten verurteilt, fünf weitere Angeklagte hat es – wegen nicht ausschließbaren gerechtfertigten Handelns – freigesprochen[1]
Der Bundesgerichtshof hat jetzt die Revisionen der vier verurteilten Angeklagten sowie des Nebenklägers, der eine Verurteilung dieser Angeklagten wegen versuchten Mordes anstrebte, als unbegründet verworfen. Das Urteil ist damit hinsichtlich der verurteilten Angeklagten rechtskräftig.
Zur Entscheidung der Revisionen der Staatsanwaltschaft, die sich nur gegen die Freisprüche der weiteren Angeklagten richten, ist Termin zur Hauptverhandlung auf den 2.07.2015 anberaumt.
Soweit es die nunmehr rechtskräftigen Verurteilungen betrifft, hat das Landgericht Magdeburg im Wesentlichen die folgenden Feststellungen getroffen:
Die insgesamt neun Angeklagten, die der „rechtsextremen Szene“ angehörten, feierten ab dem Nachmittag des 21.09.2013 den „Junggesellenabschied“ eines Mitangeklagten. Am Abend dieses Tages trafen sie in erheblich alkoholisiertem Zustand im Bahnhof in Bernburg (Sachsen-Anhalt) auf den aus der Türkei stammenden Nebenkläger, der dort einen Imbiss betrieb, und dessen Lebensgefährtin. Nachdem ein Angeklagter den Nebenkläger und dessen Lebensgefährtin beleidigt hatte und zudem mit dieser in Streit geraten war, versuchte der Nebenkläger diesen Angeklagten zu vertreiben, wobei er vor ihm mit einem herbeigeholten Stock schlagende Bewegungen in der Luft machte. Der Angeklagte warf eine Bierflasche gegen den Kopf des Nebenklägers, der daraufhin dem Angeklagten nachsetzte, um ihn wegen des Flaschenwurfs zur Rechenschaft zu ziehen. Um ihn von Schlägen mit dem Stock abzuhalten, traten und schlugen die Angeklagten den Nebenkläger und entwaffneten ihn. Auch als der Nebenkläger entwaffnet zu Boden gestürzt war und liegen blieb, schlugen und traten die vier verurteilten Angeklagten auf den Kopf und den Körper des Nebenklägers ein, wobei sie seinen Tod zumindest billigend in Kauf nahmen. Durch diese Schläge und Tritte sowie durch den Flaschenwurf erlitt der Nebenkläger lebensbedrohliche Verletzungen, darunter Schädelbrüche, und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Eine Verurteilung wegen versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen hat das Landgericht abgelehnt, weil tragendes Motiv für die Tat nicht Ausländerhass, sondern die Wut der Angeklagten über den Stockeinsatz gewesen sei.
Die Revisionen der Angeklagten, die sich im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wandten, haben nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch keinen Rechtsfehler aufgezeigt.
Der Nebenkläger hat u.a. geltend gemacht, das Strafverfahren hätte in erster Instanz vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes verhandelt werden müssen. Diese Rüge hatte keinen Erfolg, weil in keinem Verfahrensstadium hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Staatsschutzdeliktes im Sinne nach § 120 Abs. 2 Nr. 3a GVG gegeben waren. Auch das Vorliegen des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe hat das Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen in für den Bundesgerichtshof revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. April 2015 – 4 StR 509/14
- LG Magdeburg, Urteil vom 02.05.2014 – 21 Ks 8/13[↩]




