Wenn der Schöffe auch mal in die Zeitung will…

Der Prozess im Fall „Jonny K.“ vor dem Landgericht Berlin ist nach fünf Verhandlungstagen geplatzt, das Landgericht Berlin hat das Verfahren gegen sechs Männer im Alter zwischen 19 und 24 Jahren wegen des tödlichen Angriffs auf Johnny K. vom 14. Oktober 2012 auf dem Alexanderplatz in Berlin-Mitte ist ausgesetzt worden.

Von den sechs Angeklagten waren bisher fünf in Untersuchungshaft. Drei der sechs Angeklagten, die sich selbst gestellt hatten, sind gleichzeitig mit der Aussetzung des Verfahrens vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden. Lediglich bei den beiden Angeklagten Onur U. und Bilal K., die sich dem Verfahren zunächst durch Flucht entzogen hatte, wurde die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

Hintergrund der Aussetzung des Verfahrens ist ein Bericht in der Zeitung „B.Z.“, wonach einer der an dem Prozess mitwirkenden Schöffen sich gegenüber einem Reporter dieser Zeitung u.a. abfällig über die Verteidiger geäußert habe. Die Verteidiger hatten aus diesem Grunde Befangenheitsanträge gegen den Schöffen angekündigt, denen sich auch die Staatsanwaltschaft und die Vertretung der Nebenklage ggfs. anschließen wollten. Das Gericht entschied darauf in der heutigen Sitzung, dass aufgrund der nachvollziehbaren Besorgnis, der Schöffe könne befangen sein, die Verhandlung auszusetzen und unter Mitwirkung eines anderen Schöffen neu zu beginnen sei. Die bisherige Beweisaufnahme muss daher vollständig wiederholt werden.

Der betroffene Schöffe hatte dazu erklärt, dass er zwar von der „B.Z.“ angesprochen worden sei aber kein Interview mit den im Artikel zitierten Äußerungen gegeben habe. Seitens der „B.Z.“ wurde hingegen versichert, dass die Äußerungen des Schöffen zutreffend wiedergegeben seien, der zuständige Reporter hatte gegenüber dem Landgericht Berlin eine entsprechende eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Im Rahmen der Begründung der Entscheidung des Gerichtes wies der Vorsitzende darauf hin, dass die Ursache für die Aussetzung der Verhandlung zwar in den problematischen Äußerungen des Schöffen liege. Jedoch müssten sich auch die Journalisten, die den abgelehnten Schöffen zielgerichtet aufgesucht hätten, fragen lassen, ob dies für den Fortgang des Verfahrens förderlich gewesen sei.

Die Verhandlung vor dem Landgericht Berlin wird am kommenden Donnerstag neu beginnen (9:00 Uhr, Saal 700 im Kriminalgericht Moabit). Als Fortsetzungstermine sind bislang der 10., 13. und 20. Juni 2013 festgesetzt.