Stromsteuerentlastung für Unternehmen in Schwierigkeiten – als unzulässige Beihilfe

Die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG sind Beihilfen i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Der Anwendung von § 9b, § 10 StromStG steht im Jahr 2016 für Unternehmen in Schwierigkeiten das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV entgegen.

Für die Einordnung eines Unternehmens als Unternehmen in Schwierigkeiten kommt es nach Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nur auf das einzelne Unternehmen, nicht jedoch auf die wirtschaftliche Einheit (Konzernverbund) an, in den das einzelne Unternehmen eingebunden ist. Für ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der AGVO kommt es bei Erfüllung der Voraussetzung des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nicht darauf an, ob im Einzelfall eine positive Fortführungsprognose besteht.

Unternehmen in Schwierigkeiten darf mithin keine stromsteuerliche Entlastung gewährt werden.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall wies die klagende Klägerin in ihrer Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Ihre Anträge auf Stromsteuerentlastung nach § 9b und § 10 StromStG lehnte das HZA mit der Begründung ab, dass die Klägerin ein sogenanntes Unternehmen in Schwierigkeiten sei und daher nach Maßgabe des unionsrechtlichen Beihilferechts die beantragten Entlastungen nicht gewährt werden dürften.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht München abgewiesen[1]. Und der Bundesfinanzhof wies nun auch die Revision der GmbH als unbegründet zurück:

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG aufgrund ihrer selektiven Wirkung staatliche Beihilfen sind und als solche dem Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV unterliegen. Die Einstufung als grundsätzlich unzulässige Beihilfen ergibt sich auch daraus, dass das in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Prüfungsverfahren nicht beachtet wurde und keine Ausnahmen nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c oder Art. 108 Abs. 4 AEUV vorliegen. Im Kern ging es im Streitfall um die Frage, ob ein Unternehmen auch dann in Schwierigkeiten im Sinne des Art. 2 Nr. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) ist, wenn zwar mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist, jedoch wegen der Einbindung des Unternehmens in einen Konzern eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann.

Hierzu traf der Bundesfinanzhof zwei wesentliche Aussagen:

  • Erstens stellt die AGVO bei der Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO konkret auf die einzelne GmbH ab, welche die Beihilfe beansprucht. Dieser auf bestimmte Gesellschaftsformen bezogene Unternehmensbegriff umfasst deshalb nicht einen Zusammenschluss mehrerer Unternehmen in einem Konzernverbund.
  • Zweitens kommt es auf eine positive Fortführungsprognose nicht an, weil eine solche Einschränkung nach dem Wortlaut des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nicht vorgesehen ist. Dem Unionsgesetzgeber kam es gerade darauf an, dass keine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers notwendig ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. Januar 2022 – VII R 28/19, , , , ,

  1. FG München, Urteil vom 06.06.2019 – 14 K 3001/18[]