Streit im Suhrkamp-Verlag

Das Landgericht Berlin hat in zwei bei ihm anhängigen Zivilprozessen um den Suhrkamp-Verlag und dessen Geschäftsführer seine Urteile verkündet:

Schadensersatzanspruch eines Gesellschafters gegen die Geschäftsführer

Im ersten der beiden Rechtsstreite geht es um die Schadensersatzklage einer Gesellschafterin des Suhrkamp Verlages GmbH und Co. KG gegen zwei Geschäftsführer und eine Geschäftsführerin der Suhrkamp Verlagsleitungs-GmbH. Gegenstand des Rechtsstreits sind Auseinandersetzungen um die Anmietung, Ausstattung und Nutzung einer Berliner Immobilie durch den Verlag. Vermieterin ist eine BGB-Gesellschaft, deren Gesellschafter die beklagte Geschäftsführerin sowie ihr Bruder sind.

Die Klägerin beanstandet die Anmietung und Nutzung der Räume: Sie führten zu einer unzulässigen Vermischung zwischen privatem und geschäftlichem Bereich und seien auch wirtschaftlich für den Verlag nicht tragbar. Sie beantragt die Verurteilung der Geschäftsführer zur Schadensersatzzahlung an den Verlag in Höhe 317.706,83 € für Ausstattung der Mieträume, Mietkosten sowie Veranstaltungs- und Bewirtungskosten. Ferner beantragt sie die gerichtliche Feststellung einer weiteren Ersatzpflicht der Geschäftsführer für Mietzahlungen und Veranstaltungsaufwendungen. Die Beklagten halten dem u.a. entgegen, es entspräche seit jeher der Funktionsweise und dem Geschäftsmodell des Suhrkamp Verlages, repräsentative Räumlichkeiten außerhalb der offiziellen Gesellschaftsräume bereitzustellen, um sie nach Art eines literarischen Salons zu nutzen und Schriftsteller auf familiäre Art zu empfangen und zu betreuen. Die umstrittenen Räume bildeten nicht nur das kulturelle Zentrum des Verlages, sondern des geistig-intellektuellen Berlins.

Das Landgericht Berlin hat die Beklagten heute zur Zahlung von 282.486,40 € verurteilt und eine Ersatzpflicht für einen weiteren Mietschaden seit Anfang 2012 festgestellt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Abberufung der bisherigen Geschäftsführer

Gegenstand der zweiten Klage sind gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen innerhalb der „Verlagsleitung Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ im Zusammenhang mit der in Berlin angemieteten Immobilie und ihrer Nutzung. Die Klägerin als Gesellschafterin beanstandet die Wirksamkeit von Beschlüssen zu Gunsten der Geschäftsführung in der Gesellschafterversammlung und beantragt gerichtliche Feststellung, dass mehrere Geschäftsführer durch Beschluss dieser Versammlung abberufen bzw. abzuberufen sind.

Auch hier hat das Landgericht Berlin gegen die bisherige Geschäftsführung entschieden, den Beschluss zur Entlastung der Geschäftsführung der Verlagsleitung GmbH für das Geschäftsjahr 2010 für nichtig erklärt, und festgestellt, dass die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Beschluss gefasst hat, dass Frau U…-B… als Geschäftsführerin aus wichtigem Grund abberufen worden ist. Auch stellte das Landgericht Berlin fest, dass in der Gesellschafterversammlung vom 17.11.2011 der Beschluss gefasst wurde, die Geschäftsführung anzuweisen, die Rechte der Verlagsleitung GmbH als beherrschende Alleingesellschafterin dergestalt auszuüben, „dass die Geschäftsführer Frau Unseld-Berkéwicz, Herr Dr. Landgrebe und Herr Dr. Sparr der Komplementär GmbHs aus wichtigem Grund abberufen werden wegen gemeinschaftlichen Zusammenwirkens bei Abschluss des Mietvertrages zwischen der Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG als Mieterin und der Grundstücksgemeinschaft … als Vermieterin sowie der Übernahme der Mobiliarkosten des Objekts Gerkrathstraße, wodurch die Interessen der Gesellschafterin … geschädigt wurden.“

Das Landgericht Berlin hält die Anmietung der Veranstaltungsräume in der Gerkrathstraße für gesellschaftswidrig, weil die Zustimmung des Minderheitsgesellschafters vorab hätte eingeholt werden müssen, da die mit der Anmietung Hand in Hand gehenden Kosten den Betrag von 75 Tsd. jährlich geringfügig übersteigen. Die Geschäfstführer hatten die Anmietung vorgenommen, weil die Kaltmiete unter diesem Schwellenwert liegt. Da das Landgericht die Anmietung für rechtswidrig hält, hat es dem Antrag auf Abberufung der für diesen Beschluss verantwortlichen Geschäftsführer stattgegeben.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, gegen sie ist die Berufung zum Kammergericht möglich.

Landgericht Berlin, Urteile vom 10. Dezember 2012 – 99 O 79/11 und 99 O 118/11