„Ölaugen“, „Nigger“ und „meine Untertanen“ – und die Kündigung nach schweren rassistischen und beleidigenden Äußerungen
Bei schweren rassistischen und beleidigenden Äußerungen schützt auch eine bestehende Behinderung nicht gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
In dem hier vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschiedenen Fall war der klagende Arbeitnehmer war seit dem 01.09.1981 als Facharbeiter bei der Arbeitgeberin, einem Unternehmen der chemischen Industrie, beschäftigt. Der 55jährige verheiratete Arbeitnehmer, der drei Kinder hat, ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. anerkannt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis nach Zustimmung des Integrationsamtes am 26.10.2019 zum 31.05.2020. Sie wirft dem Arbeitnehmer schwere rassistische und beleidigende Äußerungen gegenüber türkischstämmigen Fremdfirmenmitarbeitern vor. Der Arbeitnehmer hat diese Äußerungen bestritten und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung gerügt.
Die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stand fest, dass der Arbeitnehmer sich am 08.01.2019 auf die Frage eines Kollegen, was er zu Weihnachten bekommen habe, in der Werkstattküche wie folgt geäußert hat: „Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken soll man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen.“ Bereits zuvor hatte der Arbeitnehmer nach der durchgeführten Beweisaufnahme Fremdmitarbeiter als „Ölaugen“, „Nigger“ und „meine Untertanen“ beschimpft. Diese hatten sich deshalb nicht bereits vorher beschwert, weil der Arbeitnehmer sich als unantastbar geriert hatte, als jemand, dem man „nichts könne“, weil er einen Behindertenausweis habe und unkündbar sei.
Die Kündigung des Arbeitnehmers ist aufgrund dieser Äußerungen sozial gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis beendet. Sowohl die Bezeichnung als „Ölaugen“ als auch die Bezeichnung als „Nigger“ oder „Untertanen“ sind nicht hinnehmbare beleidigende Äußerungen. Dies gipfelte – so das Landesarbeitsgericht – dann in der nationalsozialistisch menschenverachtenden Äußerung des Arbeitnehmers vom 08.01.2019. Diese Bemerkung reduziert die türkischen Arbeitskollegen auf lebensunwerte Wesen und stellt einen unmittelbaren Bezug zu den nationalsozialistischen Gräueltaten her. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens war der Arbeitgeberin eine vorherige Abmahnung unzumutbar. Die Interessenabwägung fiel trotz des hohen sozialen Besitzstandes und den eher schlechten Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt zu dessen Lasten aus. Allein der Vorfall vom 08.01.2019 zeigt für sich betrachtet bereits eine derart menschenverachtende Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber den türkischstämmigen Beschäftigten, die es der Arbeitgeberin nicht zumutbar macht, den Arbeitnehmer über den Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil der Arbeitnehmer vor seinen Äußerungen zur „Gaskammer“ in keiner Weise von anderen Mitarbeitern gereizt oder verbal angegriffen worden ist. Die Äußerung fiel vielmehr als Antwort auf die völlig unverfängliche Frage des Kollegen, was der Arbeitnehmer denn zu Weihnachten bekommen habe. Die Kammer hat weiter berücksichtigt, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorfall handelte, sondern der Arbeitnehmer bereits zuvor andere Mitarbeiter wiederholt erheblich beleidigt und zusätzlich seinen sozialen Besitzstand dazu ausgenutzt hat, sich als unangreifbar darzustellen.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Kammer wurden der Betriebsrat und die in diesem Fall mangels örtlicher Schwerbehindertenvertretung zuständige Gesamtschwerbehindertenvertretung vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2020 – 5 Sa 231/20




