Mietkaution – und die Aufrechnung des Vermieters
Eine Aufrechnung des Vermieters mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters ist im Rahmen der Kautionsabrechnung regelmäßig auch dann noch möglich, wenn der Vermieter die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis (Verlangen von Schadensersatz in Geld statt einer Wiederherstellung der beschädigten Sache) nicht in unverjährter Zeit (d.h. innerhalb von sechs Monaten) ausgeübt hat.
In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall begehrt die Klägerin nach Beendigung des Wohnungsmietvertrags und Rückgabe der Wohnung am 8. November 2019 die Rückzahlung der von ihr geleisteten Barkaution in Höhe von rund 780 €. Der beklagte Vermieter rechnete mit Schreiben vom 20. Mai 2020 über die Kaution ab und erklärte die Aufrechnung mit – streitigen – Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in einer das Kautionsguthaben übersteigenden Höhe. Die Klägerin hat sich insoweit auf Verjährung berufen.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg vor dem Amtsgericht Erlangen[1] und dem Landgericht Nürnberg-Fürth[2]. Nach Auffassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth scheitert die vom Vermieter erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache daran, dass diese im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen waren. Zwar stehe die Verjährung der Aufrechnung gemäß § 215 Alt. 1 BGB nicht entgegen, wenn die Forderung in dem Zeitpunkt, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt gewesen sei. Diese Ausnahme greife vorliegend jedoch nicht ein, da eine Aufrechnungslage in unverjährter Zeit mangels Gleichartigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen nicht bestanden habe. Der Anspruch auf Rückzahlung einer Barkaution als Geldforderung und der auf Naturalrestitution gerichtete Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache seien nicht gleichartig. Zwar könne der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs wegen Beschädigung einer Sache nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Naturalrestitution den hierfür erforderlichen Geldbetrag verlangen und so die Gleichartigkeit der Forderungen herstellen. Dies erfordere jedoch die Ausübung der dem Gläubiger diesbezüglich zustehenden Ersetzungsbefugnis noch innerhalb der Verjährungsfrist.
Mit der vom Landgericht Nürnberg-Fürth zugelassenen Revision verfolgt der Vermieter sein Klageabweisungsbegehren weiter und hatte nun vor dem Bundesgerichtshof Erfolg.
Eine von den Parteien im Wohnraummietverhältnis getroffene Barkautionsabrede ist typischerweise dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll, entschied nun der Bundesgerichtshof.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat bei seiner Beurteilung maßgeblich auf die für Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache gesetzlich vorgesehene kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten (§ 548 Abs. 1 BGB) abgestellt, innerhalb derer eine Gleichartigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen noch nicht bestanden hat. Dabei hat das Landgericht Nürnberg-Fürth jedoch die beiderseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietverhältnisses im Falle der Vereinbarung einer Barkaution nicht hinreichend berücksichtigt. Eine vom Mieter gestellte Barkaution dient gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters; dieser soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können.
Soweit die Aufrechnung im Hinblick auf das bestehende Erfordernis der Gleichartigkeit der beiden Forderungen voraussetzt, dass der Vermieter die ihm bezüglich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache zustehende Ersetzungsbefugnis ausübt, um Schadensersatz in Form eines Geldbetrags verlangen zu können, hat der Mieter regelmäßig kein Interesse daran, dass dies noch in unverjährter Zeit erfolgt. Die isolierte Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der Verjährungsfrist wäre insofern ein lediglich formaler Schritt im Vorfeld zu der für beide Parteien letztlich maßgeblichen Abrechnung des Vermieters über die Barkaution, die ihrerseits nach der Rechtsprechung des Senats nicht in jedem Fall innerhalb der kurzen Verjährungsfrist zu erfolgen hat.
Da die Aufrechnung des Vermieters hiernach nicht an der Verjährung scheitert, hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen dazu treffen kann, ob die von dem beklagten Vermieter behaupteten Schadensersatzansprüche bestehen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Juli 2024 – VIII ZR 184/23
- AG Erlangen, Urteil vom 07.07.2022 – 1 C 302/21[↩]
- LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25.07.2023 – 7 S 3897/22[↩]




