Kündigung im Zwei-Familien-Haus

Nach § 573a BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen jederzeit ohne Grund beenden. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter selbst die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr nutzt.

In dem vom Landgericht Hanau entschiedenen Rechtsstreit besteht zwischen der hauptsächlich im Ausland lebenden Vermieterin und den Mietern ein Mietvertrag über eine Wohnung in einem Haus mit nur zwei Wohneinheiten. Sie selbst nutzt die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr. Die Vermieterin hat die Kündigung gem. § 573a BGB ausgesprochen. Die Mieter halten die Kündigung für unwirksam, weil die Vermieterin die andere Wohnung nicht im Sinne der Vorschrift bewohne.

Das Amtsgericht Hanau ist dieser Auffassung der Mieter gefolgt und hat die Räumungsklage abgewiesen[1]. Das Landgericht Hanau sah dies ebenso und hat nun auch die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen:

Für die erleichterte Kündigung nach § 573a BGB reiche es nicht aus, dass der Vermieter die zweite Wohnung in dem Haus lediglich zusätzlich nutze, selbst, wenn das vereinzelt, wie für das Jahr 2021 behauptet, insgesamt 40 Wochen seien. Er müsse vielmehr seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben. Eine enge Auslegung der Vorschrift sei insbesondere deshalb geboten, weil diese es ermögliche, den Mietvertrag mit dem ansonsten von dem Gesetz erheblich geschützten Wohnraummieter zu beenden, ohne dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen oder der Vermieter sonst ein besonderes Interesse hieran habe.

§ 573a BGB ist dahingehend auszulegen, dass der Vermieter für einen Kündigungsanspruch nach § 573a BGB seinen Lebensmittelpunkt in der Liegenschaft haben muss, es sich also um seinen Primärwohnsitz handelt. Die nur zeitweise Nutzung reicht demgegenüber nicht aus. 

Die Norm des § 573a BGB stellt einen Ausnahmetatbestand zu § 573 BGB dar. Im Gegensatz zu § 573 BGB ermöglicht die Regelung des § 573a BGB eine Kündigung ohne konkreten Anlass. Schon aus der Systematik der gesetzlichen Regelung folgt, dass diese grundsätzlich restriktiv auszulegen ist, um die Ziele des sozialen Wohnraummietrechts, wie sie in § 573 BGB zum Ausdruck kommen, zu wahren. Insofern ist es mit dem Normzweck nicht zu vereinbaren, auch Zweitwohnungen – egal in welchem Umfang diese genutzt werden – in den Schutzbereich des § 573a BGB zu stellen. Wie auch das Amtsgericht bereits ausführte, stellt der Verlust der Wohnung für die Mieter, im vorliegenden Fall die Beklagten, einen schweren Eingriff dar. Auf der anderen Seite sind das Eigentumsrecht des Vermieters und die Nutzbarkeit seiner Wohnung nicht vollständig aufgehoben, sondern lediglich eingeschränkt. Dennoch erlaubt § 573a BGB eine erleichterte Kündigung in Fallgestaltungen wie diesen. Da dies bereits einen schwereren Verlust auf Seiten der Mieter darstellt, muss für einen angemessenen Ausgleich und für eine Anwendbarkeit dieser Norm, deren Voraussetzungen restriktiv gehandhabt werden, um dieses Ungleichgewicht nicht noch weiter zu verstärken. Dies bedeutet jedoch im vorliegenden Fall, dass das erleichterte Kündigungsrecht lediglich dann eingreifen kann, wenn der Eigentümer bzw. Vermieter in dem Anwesen seinen Lebensmittelpunkt hat.

Landgericht Hanau, Urteil vom 15. November 2023 – 2 S 107/22

  1. AG Hanau, Urtiel vom 19.08.2022 – 32 C 228/21 (12).[]