Hauskauf – und der Doppelmord vor 20 Jahren

Bei dem Verkauf eines Wohnhauses muss der Verkäufer den Käufer nicht auf ein Verbrechen hinzuweisen, dass sich in dem Haus vor mehr als 20 Jahren zugetragen hat.

Mit dieser Begründung wies das Landgericht Coburg die Klage eines Hauskäufers  auf Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages wegen behaupteter arglistiger Täuschung ab.  Die Verkäuferin hatte die Käuferin nicht darauf hingewiesen, dass sich im verkauften Wohnanwesen mehr als 20 Jahre zuvor ein Doppelmord ereignet hatte.

Im Jahr 2018 kaufte die Käuferin von der Verkäuferin ein Wohnanwesen zur eigenen Benutzung. In diesem Haus hatte im Jahr 1998 ein Doppelmord an einer Frau und ihrem kleinen Kind stattgefunden. Als die jetzt beklagte Verkäuferin ihrerseits das Anwesen im Jahr 2004 erwarb, wusste sie von dem Verbrechen selbst nichts, sondern erfuhr erst einige Jahre später davon. Nachdem die Käuferin von dem Verbrechen erfahren hatte, erklärte sie die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und wollte den Kauf rückgängig machen. Sie meinte, die Verkäuferin hätte auch ohne ausdrückliche Nachfrage auf den Doppelmord aus früheren Zeiten hinweisen müssen. Sie habe die Käuferin arglistig getäuscht. Das Haus sei schwer veräußerbar und sein Wert gemindert.

Das Landgericht Coburg sah die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung aus zweierlei Gründen nicht als gegeben an:

Zum einen bestand schon keine Hinweispflicht der Käuferin. Eine solche ungefragte Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn der Vertragspartner redlicherweise einen entsprechenden Hinweis erwarten darf. Eine allgemeine Pflicht, Umstände zu offenbaren, die für den Vertragsschluss des anderen bedeutsam sein können, gibt es aber nicht. Eine Pflicht, beim Verkauf eines Hauses ungefragt auf ein dort verübtes Verbre-chen hinzuweisen, kann deshalb zwar durchaus bestehen. Dies gilt nach der Entscheidung des Landgerichts jedoch nicht zeitlich unbegrenzt, weil die Bedeutung dieses Ereignisses für eine Kaufentscheidung im Lauf der Zeit erfahrungsgemäß immer weniger wird. Hier lagen zwischen dem Doppelmord und dem Verkauf des Hauses an die Käuferin mehr als 20 Jahre, so dass die Verkäuferin schon deshalb nicht mehr zur ungefragten Offenbarung des Verbrechens verpflichtet war.

Zum anderen konnte die Käuferin auch ein arglistiges Verhalten der Verkäuferin nicht nachweisen. Diese erfuhr selbst erst von den Morden, nachdem sie das Haus im Jahr 2004 erworben hatte. Nach eigenen Angaben machte das der Verkäuferin auch nichts aus. Vielmehr wohnte sie noch mehr als 10 Jahre in dem Anwesen, ohne sich über dessen Vergangenheit groß Gedanken zu machen. Dementsprechend spielte der Doppelmord beim Verkauf des Hauses für die Verkäuferin auch keine entscheidende Rolle. Das Gericht war deshalb gerade nicht davon überzeugt, dass die Verkäuferin beim Verkauf an die Käuferin davon ausgegangen war, dass diese das Anwesen in Kenntnis des Verbrechens nicht ebenso erworben hätte. Das wäre aber Voraussetzung für ein arglistiges Vorgehen der Verkäuferin gewesen. Zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages kam es deshalb nicht.

Landgericht Coburg, Urteil vom 6. Oktober 2020 – 11 O 92/20