Erbschaftsteuerbefreiung fürs Familienheim
Der Erwerber eines erbschaftsteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich machen.
Ein Erbe verliert mithin nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, wenn ihm die eigene Nutzung des Familienheims aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte die klagende Tochter das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Erbin machte gegenüber dem Finanzamt und nachfolgend dem Finanzgericht Düsseldorf[1] erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das Finanzgericht war der Ansicht, das sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Erbin fremder Hilfe hätte bedienen können.
Der Bundesfinanzhof hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der Bundesfinanzhof, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung, genügten zwar nicht. Anders liege es, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine Fortnutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedürfe, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung zu sprechen sei. Das Finanzgericht hat deshalb unter Mitwirkung der Erbin das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu prüfen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Dezember 2021 – II R 18/20
- FG Düsseldorf, Urteil vom 08.01.2020 – 4 K 3120/18 Erb[↩]




