Die verweigerte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof
Die Nichtigkeitsklage ist nicht statthaft, wenn mit ihr lediglich eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geltend gemacht wird.
Durch diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof zum Weg zur (zulässigen) Verfassungsbeschwerde vereinfacht, denn Kläger, die der Auffassung sind, der Bundesfinanzhof habe ihren Fall zu Unrecht nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung einer Unionsrechtsfrage vorgelegt und sie hierdurch ihrem gesetzlichen Richter entzogen, können unmittelbar mit einer Verfassungsbeschwerde das Bundesverfassungsgericht anrufen und müssen nicht zuvor noch eine Nichtigkeitsklage beim Bundesfinanzhof erheben.
Im vorliegenden Streitfall führte die Klägerin ein Gerichtsverfahren, in dem sie die Unionsrechtswidrigkeit und die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Sportwetten rügte. Das Verfahren hatte weder beim Finanzgericht noch beim Bundesfinanzhof Erfolg, obwohl die KLägerin in dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof die Klägerin zahlreiche Verstöße gegen Unionsrecht rügte und beantragte, das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen[1]. Nachdem der Bundesfinanuzhof dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt war und das Verfahren auch nicht dem Unionsgerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte, erhob die Klägerin eine Nichtigkeitsklage; der Bundesfinanuzhof habe in willkürlicher und nicht vertretbarer Weise seine Verpflichtung verletzt, Rechtsfragen dem Unionsgerichtshof vorzulegen. Dadurch sei sie in verfassungswidriger Weise ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden.
Der Bundesfinanzuhof hat die Nichtigkeitsklage als unzulässig abgewiesen. Eine Nichtigkeitsklage könne u.a. erhoben werden, wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt sei, z.B. bei Verstößen gegen die Geschäftsverteilung. Die fehlerhafte Handhabung einer Vorlageverpflichtung hingegen könne nicht im Wege der Nichtigkeitsklage vorgebracht werden. Hat ein Kläger daher in einem Gerichtsverfahren die Vorlage an den EuGH angeregt und kommt das letztinstanzliche Gericht dem nicht nach, kann er die nach seiner Auffassung vorliegende Verletzung der Vorlagepflicht unmittelbar im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht rügen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Oktober 2023 – IX K 1/21
- BFH, Urteil vom 16.05.2023 – IX K 1/21[↩]




