Der Überfall auf eine syrische Familie
Da im Verfahren um den Überfall auf eine syrische Familie während des Volksfestes „Eisleber Wiese“ im Jahre 2012 das eigentliche Tatgeschehen nicht vollständig aufgeklärt und bewiesen werden konnte, welche Tathandlungen – gegebenenfalls mit welcher Waffe oder welchem Gegenstand – welchem Angeklagten zuzuordnen waren, sind die Angeklagten nicht wegen versuchten Totschlages oder Mordes sondern wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen worden.
So hat das Landgericht Halle in dem hier vorliegenden Fall dreier Angeklagter entschieden. Im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung sprach das Landgericht von einem „brutalen, menschenverachtenden Überfall“. Es schilderte ausführlich die gravierenden körperlichen und seelischen Folgen, unter denen die Geschädigten teilweise noch heute leiden.
Weiter wurde ausgeführt, dass trotz der umfangreichen Beweisaufnahme, in deren Rahmen an 20 Verhandlungstagen 53 Zeugen vernommen wurden, das eigentliche Tatgeschehen nicht vollständig aufgeklärt werden konnte. Als bewiesen hat das Landgericht Halle es angesehen, dass alle drei Angeklagten sich gemeinschaftlich an den Verletzungshandlungen beteiligt haben. Die Beweisaufnahme habe aber nicht mit letzter Gewissheit ergeben, welche Tathandlungen – gegebenenfalls mit welcher Waffe oder welchem Gegenstand – welchem Angeklagten zuzuordnen waren. Nicht zuletzt deshalb konnte das Landgericht nicht mit der für eine Verurteilung wegen versuchten Totschlages oder Mordes erforderlichen Sicherheit feststellen, dass einer der Angeklagten den Tod eines Opfers gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen hatte.
Die drei Angeklagten wurden der gefährlichen Körperverletzung in sieben Fällen schuldig gesprochen. Der zur Tatzeit heranwachsende Angeklagte wurde zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die beiden erwachsenen Angeklagten wurden zu Freiheitsstrafen von drei bis vier Jahren verurteilt – hier kam aus Rechtsgründen eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht in Betracht.
Auf die Anträge der Geschädigten, die sich am Prozess als Nebenkläger beteiligt hatten, hat das Landgericht jeweils festgestellt, dass die Angeklagten dem Grunde nach verpflichtet sind, für den entstandenen materiellen und immateriellen Schaden Ersatz zu leisten. Auf dieser Grundlage können nunmehr die Geschädigten in Zivilprozessen konkret bezifferte Schadenersatzforderungen geltend machen.
Landgericht Halle, Urteil vom 17. Februar 2014




