Das Nutzungsentgelt für die Überlassung eines Hengstes – und dessen „Hengstigkeit“

Wird ein Hengst vertraglich für den Turniereinsatz zur Verkaufsförderung der eigenen Zuchtpferde überlassen und das Risiko krankheitsbedingten Ausfalls dem Nutzer übertragen, kann das Nutzungsentgelt grundsätzlich nicht wegen Krankheit gemindert werden.

Eine Überzahlung wegen behaupteter „Hengstigkeit“ muss zudem konkret bezifferbar vorgetragen werden. 

Mit dieser Begründung hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Berufung der Nutzerin des Hengstes gegen die landgerichtlich ausgeurteilte Zahlungsverpflichtung[1] zurückgewiesen:

Die Eigentümerin des Hengstes schloss mit der beklagten GmbH einen Vertrag über die einjährige Nutzungsüberlassung eines Hengstes zu netto 225.000,00 € bzw. brutto 267.750,00 €. Unternehmensgegenstand der beklagten GmbH ist das Züchten von Trüffeln und das Züchten und der Verkauf von Pferden. Der Hengst war u.a. Teil des Bundeskaders Dressur und wurde der beklagten GmbH laut Vertrag für den Turniereinsatz zur Verkaufsförderung ihrer eigenen Pferde überlassen. Laut Zusatzvereinbarung sollte der Hengst uneingeschränkt der Tochter der für die beklagte GmbH die Verhandlungen führenden Mutter zur Verfügung stehen. Ferner sollte die Tochter durch den Geschäftsführer der Eigentümerin, einem Inhaber der höchsten Ausbilderqualifikation sowie Olympiateilnehmer, auf dem Hengst trainiert werden. Nachfolgend wurde der Hengst von der Tochter genutzt und auf Turnieren vorgestellt. Ob Turniere, an denen der Hengst nicht teilnahm, wegen seiner „Hengstigkeit“ abgesagt werden mussten, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Eigentümerin begehrt mit ihrer Klage auf den gezahlten Nettobetrag noch ausstehende Umsatzsteuer. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Vertrag sei nicht wegen Wuchers nichtig, führte das OLG zunächst aus. Vielmehr begründe die Vollkaufmanneigenschaft der beklagten GmbH als GmbH die Vermutung, dass die Eigentümerin nicht in verwerflicher Weise eine persönliche oder geschäftliche Unterlegenheit der beklagte GmbH ausgenutzt habe. Diese Vermutung sei hier nicht widerlegt worden.

Ohne Erfolg berufe sich die beklagte GmbH auch darauf, dass die Eigentümerin ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht vollständig erbracht habe. Soweit das Pferd zeitweise krankheitsbedingt aufgefallen sei, stelle dies keine Minderleistung dar. Dieses Risiko sei hier vielmehr vertraglich der beklagten GmbH auferlegt worden. Diese vertragliche Überlagerung erfasse zwar nicht Risiken, die allein im Verantwortungsbereich der Eigentümerin lägen. Dazu gehöre die Behauptung der beklagten GmbH, dass der Hengst sich anlässlich eines Deckaktes verletzt habe. Die beklagte GmbH habe dies jedoch nicht beweisen können. Damit entfalle aber auch der Anspruch auf Training der Tochter durch den Geschäftsführer der Eigentümerin, das nach den vertraglichen Vereinbarungen gerade auf dem Hengst erfolgen sollte.

Soweit sich die beklagte GmbH „auf die fehlende Reitbarkeit des Pferdes wegen „Hengstigkeit““ berufe, sei bereits unklar, in welchem Umfang hieraus eine – aufrechenbare – Überzahlung resultieren sollte. Darüber hinaus habe die beklagte GmbH die so begründete fehlende Reitbarkeit auch nie beanstandet.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juni 2024 – 29 U 197/20

  1. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.9.2020 – 2-10 O 83/20[]