Das Bestellerprinzip für Wohnungsmakler

Um sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, durfte der Gesetzgeber aufgrund seiner Einschätzung der Nachfragesituation auf dem Mietwohnungsmarkt durch Einführung des Bestellerprinzips die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Wohnungsvermittler beschränken, von Wohnungssuchenden ein Entgelt für ihre Vermittlungstätigkeit zu erhalten.

Die mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz vorgenommene Normierung des Bestellerprinzips für Wohnungsvermittlungen, das Maklern den Erhalt einer Provision von Mietinteressierten weitgehend verstellt, genügen mithin den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber bringt die sich gegenüberstehenden Interessen von Wohnungssuchenden und Wohnungsvermittlern hierdurch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts in einen Ausgleich, der Verhältnismäßigkeitsanforderungen gerecht wird.

Damit sind vor dem Bundesverfassungsgericht sowohl zwei Wohnungsmakler gescheitert, die mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Mietrechtsnovellierungsgesetz die Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz gerügt hatten, wie auch ein Wohnungsmieter, der die Verletzung seines Rechts auf Vertragsfreiheit rügte.

Die Regelung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes[↑]

Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz will der Gesetzgeber zwei nach seiner Einschätzung drängenden Problemen auf dem Mietwohnungsmarkt begegnen. Diese werden nach der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für das Mietrechtsnovellierungsgesetz zum einen darin gesehen, dass in prosperierenden Städten die Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen stark angestiegen seien und teilweise in erheblichem Maß über der ortsüblichen Vergleichsmiete lägen. Zum anderen könnten gerade auf diesen angespannten Wohnungsmärkten Vermieterinnen und Vermieter auch die Kosten der von ihnen eingeschalteten Maklerinnen und Makler auf die Wohnungssuchenden abwälzen[1].

Um diese Probleme zu lösen, schafft das Mietrechtsnovellierungsgesetz zunächst durch Änderungen des Mietrechts in Art. 1 und Art. 2 neue Vorschriften, durch die der Anstieg der Miethöhe in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten begrenzt werden soll („Mietpreisbremse“, §§ 556d ff. BGB). Durch Art. 3 des Mietrechtsnovellierungsgesetzes erfolgen zudem Änderungen im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (im Folgenden: WoVermRG), die dem Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermittlung Geltung verschaffen sollen und für den Vermittlungsvertrag das Textformerfordernis vorschreiben. Nur dieser zweite Teil der Novelle ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Für die Einführung des Bestellerprinzips geht die Begründung des Regierungsentwurfs davon aus, dass gerade in angespannten Wohnungsmärkten Mietobjekte „häufig weit überwiegend“ über Wohnungsvermittler angeboten würden. Wohnungssuchende hätten dann kaum eine realistische Chance, auf provisionsfreie Angebote auszuweichen. Dabei seien insbesondere bei Massenbesichtigungsterminen die Vermittlungstätigkeiten der Makler häufig auf ein Minimum beschränkt. Im Ergebnis hätten die Mieter oft trotzdem die gesetzlich maximal zulässige Courtage in Höhe von zwei Nettokaltmieten zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen. Diese Kosten träten neben die oft bereits hohe Miete und die ebenfalls aufzubringende Mietkaution für das neue Mietverhältnis. Die so kumulierten Beträge seien geeignet, wirtschaftlich schwächere Mieterhaushalte zu überfordern. Dies erscheine vor dem Hintergrund eines materiell verstandenen Bestellerprinzips unangemessen. Wer kostenpflichtige Dienste veranlasse, solle im Ergebnis auch für die dafür entstehenden Kosten aufkommen[2].

Das Bestellerprinzip solle durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung verankert werden. Danach kämen entgeltpflichtige Maklerverträge zwischen einem Wohnungssuchenden und einem Wohnungsvermittler nur noch dann zustande, wenn der Makler ausschließlich wegen des Vertrags mit dem Wohnungssuchenden diejenige Wohnung beschaffe, für die der Mietvertrag abgeschlossen werde. Habe der Vermieter dem Makler eine Wohnung zur Suche eines für ihn geeigneten Mieters an die Hand gegeben, solle der Mieter keinesfalls zur Zahlung der Courtage verpflichtet sein. Vereinbarungen, die Zahlungspflicht für die Maklervergütung auf den Mieter abzuwälzen, seien unwirksam.

Ziel der Änderungen sei es, dass diejenige Partei, die sich eines Wohnungsvermittlers bediene und in deren wirtschaftlichem Interesse er vorwiegend tätig werde, auch dessen Vertragspartner im rechtlichen Sinne werde und bleibe. Hierdurch werde das Bestellerprinzip in seiner materiellen Bedeutung umgesetzt. Nur der Veranlasser der Maklerleistung solle verpflichtet sein, die anfallende Maklercourtage zu begleichen[3]. Auch künftig sollten aber sowohl Mieter als auch Vermieter Auftraggeber des Wohnungsvermittlers sein können[1].

Die Regelung sei in erster Linie für angespannte Wohnungsmärkte relevant. Auf ausgeglichenen Wohnungsmärkten oder auf Teilmärkten mit einem Überschuss an freien Mietwohnungen habe der Vermieter jedenfalls nicht zwingend die Marktmacht, Maklerkosten auf den Wohnungssuchenden abzuwälzen[3].

Zur Einführung des Textformerfordernisses erläutert die Begründung des Regierungsentwurfs, dass hiermit Unklarheiten hinsichtlich des Vertragsschlusses von vornherein vermieden werden sollten[4]. Sowohl dem Wohnungssuchenden als auch dem Vermieter werde deutlich vor Augen geführt, dass sie einen Vertrag abschlössen und deshalb bei erfolgreicher Vermittlung oder erfolgreichem Nachweis eine Vergütung fällig werden könne. Auf diese Weise könnten auch Unklarheiten über die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein Vermittlungsvertrag zustande gekommen sei, vermieden werden[5].

Die zentrale Regelung des Bestellerprinzips beruht auf Art. 3 Nr. 1 Buchstabe b MietNovG, mit dem § 2 WoVermRG um den Absatz 1a ergänzt wurde. Ferner wurde durch Art. 3 Nr. 1 Buchstabe e MietNovG die Regelung zur Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen in § 2 Abs. 5 WoVermRG durch eine neue Nummer 2 ergänzt. Die genannte Vorschrift im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung lautet nunmehr – soweit hier von Interesse – wie folgt:

§ 2

  • sie von den Absätzen 1 bis 4 abweicht oder
  • durch sie der Wohnungssuchende verpflichtet wird, ein vom Vermieter oder einem Dritten geschuldetes Vermittlungsentgelt zu zahlen.
  • Unverändert darf der Wohnungsvermittler nach § 6 Abs. 1 WoVermRG Wohnräume nur dann anbieten, wenn er dazu einen Auftrag von dem Vermieter oder einem anderen Berechtigten erhalten hat. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsnovellierungsgesetz stellt hierzu unter Hinweis auf die überwiegende Auffassung in der Literatur klar, dass dieser Auftrag nicht als Auftrag im Sinne des § 662 BGB zu verstehen ist und auch keine Willenserklärung zum Abschluss eines Maklervertrags darstellt[6].

    Durch Art. 3 Nr. 5 Buchstaben a aa MietNovG ist in § 8 Abs. 1 Nr. 1 WoVermRG ein neuer Bußgeldtatbestand hinzugefügt worden. Danach handelt auch ordnungswidrig, wer, , citeentgegen § 2 Absatz 1a vom Wohnungssuchenden ein Entgelt fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, … .Die Verfassungsbeschwerden.

    Zwei Immobilienmakler rügen mit ihrer Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Der dritte Beschwerdeführer ist Wohnungsmieter und rügt im Wesentlichen die Verletzung seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit.

    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[↑]

    Die Verfassungsbeschwerde des Wohnungsmieters ist unzulässig. Die Verfassungsbeschwerde der Wohnungsmakler ist zulässig, jedoch nicht begründet.

    Die Wohnungsmakler können ihre Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die gesetzlichen Bestimmungen richten, weil sie als Immobilienmakler durch die Neuregelung unmittelbar betroffen sind. Ohne dass hierfür noch ein besonderer Vollziehungsakt erforderlich ist, können sie nicht mehr in der bisher üblichen, nach Form und Inhalt freien vertraglichen Gestaltung ein Vermittlungsentgelt von Wohnungssuchenden verlangen.

    Die angegriffenen Regelungen beschränken zwar die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Wohnungsmakler; dies ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

    Der Gesetzgeber darf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, ein Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken. Wie auch bei sonstigen privatrechtlichen Regelungen, die der freien Vertragsgestaltung Grenzen setzen, geht es um den Ausgleich widerstreitender Interessen, bei dem die Freiheit der einen mit der Freiheit der anderen in Einklang zu bringen ist. Für die Herstellung eines solchen Ausgleichs verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Eine Grundrechtsverletzung kann in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann.

    Daran gemessen genügt die Normierung des Bestellerprinzips den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie bringt die sich gegenüberstehenden Interessen in einen Ausgleich, der Verhältnismäßigkeitsanforderungen gerecht wird, insbesondere der dem Gesetzgeber zustehenden sozialstaatlichen Gestaltungsbefugnis entspricht. Er hat nachvollziehbar festgestellt, dass auf dem Mietwohnungsmarkt zu Lasten der Wohnungssuchenden soziale und wirtschaftliche Ungleichgewichte bestehen und eine Regelung getroffen, die einen angemessenen Ausgleich schaffen soll. Dieser Ausgleich ist durch das legitime Ziel des Verbraucherschutzes sozialstaatlich gerechtfertigt, um zu verhindern, dass die Wohnungssuchenden Kosten tragen müssen, die vorrangig im Interesse des Vermieters entstanden sind.

    Ob aufgrund der gesetzlichen Regelung Provisionsansprüche gegen Wohnungssuchende auch in den – vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren problematisierten – Fällen der Mehrfachbeauftragung und der Vorbefassung des Maklers ausgeschlossen sind, bleibt grundsätzlich einer Klärung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung überlassen. Selbst bei weiter Auslegung im Sinne eines umfassenden Ausschließlichkeitsprinzips, das mit einer am tiefsten greifende Beeinträchtigung der Berufsfreiheit verbunden ist, lässt sich ein Verfassungsverstoß nicht feststellen; deswegen ist jedenfalls eine restriktive verfassungskonforme Auslegung nicht geboten.

    Die angegriffenen Regelungen führen zu einem angemessenen Ausgleich widerstreitender Interessen. Die Wohnungsvermittler werden nicht zu einer grundlegenden Veränderung ihrer geschäftlichen Aktivitäten und Angebote in der Weise gezwungen, dass sie die berufliche Tätigkeit, die bisher ihre Lebensgrundlage bildete, völlig aufgeben und sich eine ganz neue berufliche Existenz aufbauen müssten. Da provisionspflichtige Aufträge zur Wohnungsvermittlung weiterhin möglich sind, können Makler auf diesem Geschäftsfeld tätig bleiben.

    Den grundrechtlich geschützten Interessen der Wohnungsmakler an der freien Berufsausübung stehen die gleichfalls berechtigten Interessen der Wohnungssuchenden gegenüber. Durch die gesetzliche Regelung des Bestellerprinzips sollen für sie Hindernisse bei einer Anmietung von Wohnräumen beseitigt werden. Ziel ist es, eine Überforderung – insbesondere wirtschaftlich schwächerer – Wohnungssuchender zu vermeiden. Dies und der Schutz vor Nachteilen aufgrund der Nachfragesituation auf dem Wohnungsmarkt rechtfertigen es zudem, auf Seiten der Wohnungssuchenden das Sozialstaatsprinzip (Art.20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) in die Abwägung einzubeziehen.

    Unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums, über den der Gesetzgeber hier verfügt, wird das Ziel eines angemessenen Ausgleichs nicht verfehlt. Der Gesetzgeber trägt einem Ungleichgewicht Rechnung, das durch ein gegenüber dem Bedarf knappes Angebot an Mietwohnungen entsteht. Hierzu hat er mit der Belastung der Wohnungssuchenden durch Maklercourtage einen nicht unwesentlichen Kostenfaktor aufgegriffen und eine Regelung geschaffen, die diese Kosten den Vermietern als denjenigen zuweist, in deren Interesse die Aufwendungen typischerweise entstehen. Seine Entscheidung, hierfür als Mittel eine Einschränkung der vertraglichen Möglichkeiten und damit der Berufsfreiheit der Wohnungsvermittler zu wählen, bewegt sich innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Dass der Ausgleich zwangsläufig mit Einnahmeeinbußen der Wohnungsvermittler einhergeht, steht insgesamt der Angemessenheit der gewählten Lösung nicht entgegen; denn diese Belastung ist dadurch gerechtfertigt, dass Wohnungsvermittler – weil sie im Interesse der Vermieter beauftragt werden – mit Provisionsforderungen an diese verwiesen werden dürfen.

    Für eine Verletzung anderer Grundrechte durch die Einführung des Bestellerprinzips ist nichts ersichtlich. Insbesondere haben die Wohnungsmakler keine eigentumsfähige Position geltend gemacht, die dem Schutz des Art. 14 GG unterfallen könnte.

    Auch das gleichzeitig eingeführte Textformerfordernis für Wohnungsvermittlungsverträge (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WoVermRG) verletzt die Wohnungsmakler nicht in ihrer Berufsfreiheit. Das Textformerfordernis dient dem legitimen Zweck, die Beteiligten zuverlässig über den Inhalt und die rechtlichen Folgen ihrer Erklärungen zu informieren und hiermit Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu fördern. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die Textform nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen. Die textliche Dokumentation verdeutlicht die Tatsache einer vertraglichen Verpflichtung und kann zugleich Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Zustandekommens wie hinsichtlich der Person des Verpflichteten entgegenwirken.

    Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 1015/15

    1. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 1[][]
    2. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 15[]
    3. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 16[][]
    4. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 17[]
    5. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 35 f.[]
    6. BT-Drs. 18/3121, S. 36[]