Flüge aus der Schweiz und die EU-Fluggastrechte-Verordnung
Gilt die Fluggastrechteverordnung auch für Flüge mit Start in der Schweiz und Ziel in einem Staat außerhalb der Europäischen Union ? Mit dieser Frage muss sich demnächst der Gerichtshof der Europäischen Union befassen, nachdem ihm der Bundesgerichtshof diese Frage nun in einem Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hat.
In dem derzeit beim Bundesgerichtshof anhängigen Ausgangsfall verlangt die Klägerin von der Beklagten aufgrund der Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € wegen eines verspäteten Fluges. Die Klägerin buchte bei der Swiss International Air Lines AG einen Flug von Frankfurt am Main nach Zürich und einen direkten Anschlussflug von Zürich nach Yaundé in Kamerun mit einem Zwischenstopp in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main nach Zürich erfolgte planmäßig. Der Abflug des Anschlussflugs in Zürich verzögerte sich um 6 Stunden und 10 Minuten. Dieser Flug endete tatsächlich in Duala. Die Klägerin wurde sodann mit dem Bus von Duala nach Yaundé befördert und erreichte dieses Ziel am Abend des Folgetags mit einer Verspätung von mehr als 20 Stunden.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Frankfurt am Main hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen[1]. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht Frankfurt am Main die Klage vor deutschen Gerichten zwar für zulässig, in der Sache aber für unbegründet erachtet[2]. Ein Fluggast könne einen Anspruch auf Ausgleichszahlung auch dann bei den für den ersten Abflugort (hier Frankfurt am Main) zuständigen Gerichten einklagen, wenn sich die Flugverspätung erst im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereignet habe. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch jedoch nicht zu, weil die Verspätung erst bei dem Anschlussflug eingetreten sei und dieser nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union begonnen habe.
Der Bundesgerichtshof hat nun zunächst die Auffassung des Landgerichts Frankfurt zur internationalen Zuständigkeit bestätigt. Er ist dem Landgericht auch darin beigetreten, dass der Klägerin nur dann ein Anspruch zusteht, wenn die Fluggastrechteverordnung auch auf den Flug von Zürich nach Yaundé anwendbar ist. Er hält die Anwendbarkeit der Verordnung auf solche Flüge jedoch für möglich, weil diese nach dem Wortlaut des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union seit Dezember 2006 auch für die Schweiz anzuwenden ist. Ein Schweizer Gericht hat jedoch entschieden, die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder umgekehrt verlaufen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Rechtsfrage, ob die Fluggastrechteverordnung auch auf Flüge von der Schweiz in einen Drittstaat anzuwenden ist, dem für die Auslegung des Unionsrechts ausschließlich zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. April 2013 – X ZR 105/12
- AG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.02.2012 – 32 C 1418/11 (18) [↩]
- LG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.06.2012 – 2-24 S 48/12[↩]




