Keine Tagesmutter in der Eigentumswohnung
Eine Tagesmuttertätigkeit in einer Eigentumswohnung, die von der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht genehmigt wurde, darf nach einem bestandskräftigem Untersagungsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht fortgeführt werden.
Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof auf die Revision von zwei beklagten Wohnungseigentümern, deren Mieterin in der Wohnung eine Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder betreibt. Auf die Klage einer Wohnungseigentümerin waren sie in der Vorinstanz vom Landgericht Köln verurteilt worden, die Nutzung der Wohnung als Kindertagespflegestelle zu unterlassen[1].
Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg, allerdings insbesondere aus formalen Gründen: Ein Unterlassungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft folgt bereits daraus, dass den beklagten Wohnungseigentümern die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin durch einen in der Eigentümerversammlung vom 28. September 2009 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer untersagt worden war. Dieser Beschluss ist nicht angefochten worden und daher auch für die Beklagten verbindlich.
Der Bundesgerichtshof billigte damit die Annahme des Landgerichts Köln, dass die Nutzung einer Wohnung zum Betrieb einer entgeltlichen Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder die „Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung“ im Sinne der Teilungserklärung darstellt und daher der Zustimmung des Verwalters oder einer ¾-Mehrheit der hierüber abstimmenden Wohnungseigentümer bedarf. Zwar gehört zum Wohnen auch die Möglichkeit, in der Familie neben den eigenen Kindern fremde Kinder zu betreuen, etwa bei regelmäßigen Besuchen von Freunden der Kinder oder im Wege der Nachbarschaftshilfe. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Nutzung der Wohnung zur (werk-)täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund steht. Eine solche teilgewerbliche Nutzung der Wohnung wird vom Wohnzweck nicht mehr getragen.
Auf die vom Landgericht Köln ebenfalls geprüfte Frage, ob die Verwalterin zu Recht die Zustimmung zum Betrieb einer Tagespflegestelle in der Wohnung der Beklagten verweigert hat, kommt es im vorliegenden Fall aber gar nicht mehr an. Denn ein Unterlassungsanspruch der Klägerin (§ 15 Abs. 3 WEG) folgt bereits daraus, dass den Beklagten die weitere Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin durch einen in der Eigentümerversammlung vom 28. September 2009 gefassten, nicht angefochtenen Beschluss der Wohnungseigentümer untersagt wurde.
Den beklagten Wohnungseigentümern, die sich bisher zu keinem Zeitpunkt um die Erteilung einer Zustimmung zum Betrieb einer – nach Anzahl der zu betreuenden Kinder und zeitlichem Umfang konkret beschriebenen – Kindertagespflegestelle in ihrer Wohnung bemüht haben, bleibt es aber unbenommen, bei der Verwalterin oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Über diesen wäre unter Berücksichtigung der tatsächlichen konkreten Gegebenheiten innerhalb der Wohnungseigentumsanlage, der Wertungen des § 22 Abs. 1a BImSchG, der nach dem Willen des Gesetzgebers auch auf das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlen soll, und der in der Teilungserklärung ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Erteilung von Auflagen zu entscheiden. Solange eine erforderliche Zustimmung aber nicht vorliegt, darf die Tagesmuttertätigkeit aufgrund des bestandskräftigen Untersagungsbeschlusses nicht fortgesetzt werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Juli 20212 – V ZR 204/11
- AG Köln, Urteil vom 12.11.2010 – 204 C 74/10; LG Köln, Urteil vom 11.08.2011 – 29 S 285/10[↩]




