Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher

Sanktionen treten im Bereich der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz-IV“) ein, wenn der Leistungsempfänger seine Bedürftigkeit durch bestimmte Verhaltensweisen herbeiführt, etwa durch eine Arbeitsaufgabe, und er dafür keinen wichtigen Grund hat. Die Anforderungen an den wichtigen Grund sind dabei im Bereich des SGB II aber geringer als im Sperrzeitenrecht der Arbeitslosenversicherung, weil es sich anders als dort nicht um eine beitragsfinanzierte Leistung handelt, sondern um eine steuerfinanzierte.

In einem jetzt vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall hatte die Klägerin gekündigt, nachdem es an ihrem bisherigen Arbeitsplatz aus ihrer Sicht zu „Mobbing“ gegen sie gekommen war. Auch nach einer Umsetzung in eine andere Abteilung seien die Attacken weitergegangen. Sie bezog im Anschluss an die Kündigung Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nachdem die Bundesagentur für Arbeit eine 12-wöchige Sperrzeit festgestellt hatte, während der ihr kein Arbeitslosengeld gezahlt wurde. Später wurde die Erstattung der Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum der Sperrzeit gefordert, weil sie insoweit ihre Hilfebedürftigkeit selbst zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Das erstinstanzlich mit der Klage gegen den Erstattungsbescheid befasste Sozialgericht Koblenz hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Auf die Berufung hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz das Urteil des Sozialgerichts Koblenz und den Erstattungsbescheid aufgehoben:

Ein „wichtiger Grund“ für eine Arbeitsaufgabe, der die Sanktion ausschließe, sei nicht an den strengen Maßstäben zu messen, die im Sperrzeitenrecht der Arbeitslosenversicherung gelten, beschied das Landessozialgericht, weil anders als dort die Leistung steuerfinanziert sei und nicht durch die Gemeinschaft der Arbeitnehmer aufgebracht werde. Ein „wichtiger Grund“ sei daher anzunehmen, wenn den Hilfebedürftigen vernünftige und aus Sicht eines objektiven Dritten nachvollziehbare Erwägungen zu dem konkreten Verhalten bewogen haben. Auch wenn die Klägerin eine fehlende Möglichkeit zur weiteren Arbeit bei der bisherigen Firma nicht ärztlich habe feststellen lassen, ergebe sich aus ihren nachvollziehbaren Aussagen, dass sie durch immer wiederkehrende Herabsetzungen durch Kollegen zur Arbeitsaufgabe nachvollziehbar veranlasst worden sei. Ein wichtiger Grund wurde daher festgestellt, so dass sie die Leistungen trotz der eingetretenen Sperrzeit nicht erstatten musste.

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Juni 2012 – L 3 AS 159/12