Tarifliche Gehaltserhöhung – wegen der nicht repariertenToilettenanlage

In einem Haustarifvertrag kann eine Entgelterhöhung für den Fall vereinbart werden, dass die Arbeitgeberin konkret bezeichnete Sanierungsmaßnahmen nicht bis zu einem bestimmten Datum durchführt. Die tarifliche Entgelterhöhung steht unter einer aufschiebenden Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB, ohne dass es sich zugleich um eine Vertragsstrafenabrede im Sinne des §§ 339 ff. BGB handelt.

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist der klagende Arbeitnehmer bei der beklagten Arbeitgeberin seit 2011 beschäftigt. Diese schloss mit der IG Metall im Jahr 2018 einen Haustarifvertrag, der eine Erhöhung der Entgelte in zwei Schritten (April 2018 und Mai 2019) um insgesamt 4,0 % vorsah. Darüber hinaus war unter „betriebliche Themen“ vereinbart, dass die Arbeitgeberin bis zum 31. Dezember 2018 Betriebsvereinbarungen zu bestimmten Themen schließt und dazu erforderliche Baumaßnahmen durchführt. Weiterhin sollten bis zum 30. Juni 2019 sanitäre Einrichtungen grundsaniert werden. Anderenfalls „erfolgt zum 1. Juli 2019 eine weitere Erhöhung der Entgelte um 0,5 %“. Nachdem die Sanierung am 30. Juni 2019 nicht vollständig abgeschlossen war, hat der Arbeitnehmer für die nachfolgende Zeit die entsprechende Entgelterhöhung mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag geltend gemacht. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Regelung enthalte die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die unwirksam, jedenfalls aber nach § 343 BGB oder § 242 BGB herabzusetzen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg[1] dem Arbeitnehmer ein um 0,1 % höheres Entgelt zugesprochen. Die daraufhin vom Arbeitnehmer erhobene Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg, während die Anschlussrevision der Arbeitgeberin weitgehend unbegründet war:

Die Bedingung für die Entgelterhöhung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB ist aufgrund der unvollständigen Durchführung der vereinbarten Sanierungsmaßnahmen eingetreten.

Bei der tarifvertraglichen Regelung handelt es sich nicht um eine Vertragsstrafe im Sinne des §§ 339 ff. BGB. Die Entgelterhöhung betrifft die Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten der tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse und dient daher anderen Zwecken als eine Vertragsstrafe.

Mangels Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zur Vertragsstrafe kam eine Herabsetzung der Entgelterhöhung nach § 343 BGB nicht in Betracht. Ebenso schied eine solche auf Grundlage von § 242 BGB aus.

Dem Zahlungsantrag war daher stattzugeben. Hinsichtlich des Feststellungsantrags hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus prozessualen Gründen an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Februar 2023 – 4 AZR 68/22

  1. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.2021 – 10 Sa 76/20[]