Kündigt meinem Vorgesetzten!

Kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Kündigung seines Vorgesetzten wegen sexuellen Missbrauchs verlangen?

Mit diesem Begehren scheiterte jetzt ein Arbeitnehmer jedenfalls vor dem Arbeitsgericht Solingen. Der Kläger hat geltend gemacht, sein Vorgesetzter habe ihn auf einer gemeinsamen Dienstreise sexuell missbraucht. Der Vorgesetzte ist mit Urteil des Amtsgerichts Solingen am 14.11.2014 wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt worden. Das Strafurteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da der Vorgesetzte hiergegen Rechtsmittel eingelegt hat.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen: Diese sei zwar überwiegend zulässig. Auch habe ein Arbeitnehmer nach § 12 Abs. 3 AGG Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber. Wenn nach objektiver Betrachtungsweise eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung des Arbeitgebers nur das Ergebnis haben könne, eine bestimmte Maßnahme (wie etwa eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses) zu ergreifen, so habe der Arbeitnehmer Anspruch auf deren Durchführung. Eine solche Ermessensreduzierung sei bei einem sexuellen Missbrauch möglich.

Allerdings steht aufgrund der Beweisaufnahme nicht zur vollen Überzeugung des Arbeitsgerichts fest, dass der Vorgesetzte den Kläger sexuell missbraucht hat. Im Rahmen einer Analyse der Zeugenaussagen und der Anhörung des Klägers ist zwar die Darstellung des Klägers überwiegend wahrscheinlich, da diese mehr sogenannte Realkennzeichen aufweist, die für die Glaubhaftigkeit sprechen. Allerdings verblieben für das Arbeitsgericht Zweifel, so dass der Kläger das Beweislastrisiko zu tragen hat.

Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 20. Januar 2015 – 3 Ca 1356/13