Überlange Verwaltungsgerichtsverfahren – und die Stadt ist sauer…

Kommunen und kommunalen Zweckverbänden steht wegen überlanger Dauer von Verwaltungsrechtsstreitigkeiten mit Bürgern regelmäßig keine Entschädigung zu. Kommunen und kommunale Zweckverbände können nur dann einen Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben, wenn sie in diesem Verfahren ein Selbstverwaltungsrecht gegenüber einem anderen Träger öffentlicher Gewalt geltend gemacht haben.

Dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lagen mehrere Fälle einer brandenburgischen Stadt sowie eines dort ansässigen kommunalen Wasserverbandes zugrunde. Die Stadt sowoie der kommunale Wasserverband begehren von dem beklagten Land Brandenburg jeweils eine Entschädigung wegen der überlangen Dauer von abgabenrechtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. In diesen Verwaltungsrechtsstreitigkeiten hatten Bürger Beitrags- oder Gebührenbescheide angefochten, die von Stadt bzw. Wasserverband als Träger der örtlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung erlassen worden waren.

Nach dem Abschluss dieser als überlang gerügten Gerichtsverfahren haben die Stadt und der kommunale Wasserverband Entschädigungsklagen gegen das Land erhoben, die das dafür erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg abgewiesen hat[1]. Die dagegen gerichteten Revisionen der Stadt und des kommunalen Wasserverbands hatten nun auch vor dem Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg:

Die Stadt und der kommunale Wasserverband haben schon deshalb keinen Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer, weil sie nicht als entschädigungsberechtigte Verfahrensbeteiligte des jeweils als überlang gerügten Gerichtsverfahrens im Sinne der Entschädigungsregelung des § 198 GVG anzusehen sind. Dazu zählen Träger der öffentlichen Verwaltung wie die hier klagende Stadt oder ein kommunaler Zweckverband nur dann, wenn sie in Wahrnehmung eines (kommunalen) Selbstverwaltungsrechts an dem Verfahren beteiligt gewesen sind (§ 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG). Das ist in verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten nur dann der Fall, wenn es sich um einen Streit mit einem anderen Träger öffentlicher Gewalt (etwa der Rechtsaufsichtsbehörde) handelt, nicht aber in Streitigkeiten, welche die Gemeinde oder der Wasserverband als Träger der öffentlichen Verwaltung mit einem Bürger führt.

Denn unabhängig davon, ob das Selbstverwaltungsrecht – wie für Gemeinden – im Grundgesetz selbst geregelt oder wie – im Fall des Wasserverbandes – durch (einfaches) Gesetzesrecht begründet ist, handelt es sich dabei um ein Kompetenzrecht, das nur durch einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung verletzt und diesem gegenüber verwaltungsgerichtlich geltend gemacht werden kann, nicht aber gegenüber einem Bürger.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 26. Februar 2021 – 5 C 15.19 D – 5 C 16.19 D und 5 C 17.19 D

  1. OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 01.10.2019 – 3 A 7.18, 3 A 1.19 und 3 A 4.19[]