Eine Alltagsmaske ist kein Medizinprodukt

Eine „Alltagsmaske“ in der Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“  ist kein Medizinprodukt.

Vor dem Oberlandesgericht Hamm stritten sich zwei Unternehmen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren um die Frage, ob eine „Alltagsmaske“ in der Form einer „textilen Mund-NasenBedeckung“ ein Medizinprodukt ist und – falls dies nicht der Fall wäre – hierauf klarstellend hingewiesen werden müsste. Das antragstellende Unternehmen aus Isernhagen verlangte von einer Großhändlerin aus Drensteinfurt, eine zur Bedeckung von Mund und Nase geeignete „Stoffmaske“ sowie eine „Mund- und Nasenmaske“ nicht mehr zu vertreiben.

Das erstinstanzlich mit der Sache befasste Landgericht Münster hat dem Unternehmen aus Drensteinfurt den Vertrieb der „Mund- und Nasenmaske“ untersagt, den weitergehenden Antrag in Bezug auf die „Stoffmaske“ dagegen zurückgewiesen.[1].  Hiergegen wendet sich das antragstellende Unternehmen aus Isernhagen mit der sofortigen Beschwerde, blieb nun jedoch auch vor dem Oberlandesgericht Hamm ohne Erfolg:

Dem Vertrieb der Maske, so das Oberlandesgericht, stünde das Medizinproduktegesetz (MPG), das den Verkehr mit Medizinprodukten regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz insbesondere der Patienten und Benutzer der Produkte sorgen soll, nicht entgegen. Denn bei der „Stoffmaske“ handele es sich schon nicht um ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 MPG. Für die Beurteilung, ob ein Produkt – wie für die Einordnung als Medizinprodukt erforderlich – einem medizinischen Zweck diene, komme es auf die (subjektive) Bestimmung des Herstellers an, wie sie sich aus den Angaben ergebe, die der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder der Werbung entnommen werden könnten. Die Maske selbst sei nicht mit einem Hinweis auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken versehen. Auch nach ihrer Gestaltung und Aufmachung könne nicht von einer Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken ausgegangen werden: Die Maske sei mit einer – im Stile einer Comic-Zeichnung gehaltenen – Zeichnung eines geöffneten Mundes mit lückenhaftem Gebiss auf grünem Hintergrund bedruckt. Die Verpackung der Maske enthalte ebenfalls keine Hinweise auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken. Dass die Maske im Einzelhandel möglicherweise zusammen mit medizinisch anmutenden Gesichtsmasken ausgestellt worden sei, sei weder dem Hersteller oder Importeur noch der Großhändlerin aus Drensteinfurt zuzurechnen. Im Sprachgebrauch der derzeit geltenden infektionsschutzrechtlichen Regelungen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus handele sich bei der in Rede stehenden Maske um nicht mehr als um eine sogenannte „Alltagsmaske“ in Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“ (vgl. § 3 Abs. 1 der aktuell geltenden nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung). Dass einer solchen „Alltagsmaske“ nach Auffassung der Wissenschaft, des infektionsschutzrechtlichen Verordnungsgebers und des angesprochenen Verkehrs eine Schutzwirkung vor der Verbreitung des Coronavirus beigemessen werde, ändere nichts daran, dass sie nach der Bestimmung des Herstellers keinem medizinischen Zweck diene. Auch Wasser und Seife würden nicht deshalb zu „Medizinprodukten“, weil regelmäßiges Händewaschen nach allgemeiner Auffassung und Empfehlung der zuständigen Behörden eine Schutzwirkung vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus habe.

Die in Anspruch genommene Großhändlerin habe bei dem Vertrieb der „Stoffmaske“ auch nicht klarstellen müssen, dass es sich nicht um ein „Medizinprodukt“ handele. Abwegig sei insbesondere, dass der angesprochene Verkehr die konkret in Rede stehende „Alltagsmaske“ einer unter Verbraucherschutz-, Infektionsschutz-, Gesundheitsschutzoder Sicherheitsaspekten gesetzlich besonders geregelten Produktkategorie zurechne.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 15. Dezember 2020 – I -4 W 116/20

  1. LG Münster, Beschluss vom 06.11.2020 – 025 O 89/20[]