Die evangelische Kirche – und der schwerbehinderte Stellenbewerber
Eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist nicht zur Einladung schwerbehinderter Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet.
§ 165 Satz 3 SGB IX sieht die grundsätzliche Einladungspflicht nur für öffentliche Arbeitgeber vor. Eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist kein öffentlicher Arbeitgeber.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte sich der schwerbehinderte Bewerber hatte sich um eine Stelle in der Verwaltung eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland beworben. Trotz Offenlegung seiner Schwerbehinderung wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Seine Bewerbung blieb erfolglos. Nach Ansicht des Bewerbers wurde er im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies indiziere die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Hierzu sei der Kirchenkreis nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet gewesen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts gelte er gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber.
Mit seiner Klage hat der Bewerber deshalb die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Der beklagte Kirchenkreis hat dies abgelehnt. Er sei kein öffentlicher Arbeitgeber. In den Vorinstanzen haben sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz[1] die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Bewerbers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg:
Die Klage ist unbegründet, befand das Bundesarbeitsgericht. Der Bewerber hat keine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dargelegt. Eine solche Benachteiligung kann nicht aufgrund der unterbliebenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vermutet werden. Hierzu war der beklagte Kirchenkreis nicht verpflichtet.
Die Einladungspflicht nach § 165 Satz 3 SGB IX besteht zwar gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX unter anderem für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies betrifft aber nach dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Begriffsverständnis nur Körperschaften, die staatliche Aufgaben wahrnehmen. Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts dienen demgegenüber primär der Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll dabei die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgesellschaft unterstützen.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Einladungspflicht auf kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts erstrecken wollte. Insoweit stehen sie den ebenfalls staatsfernen privaten Arbeitgebern gleich.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Januar 2024 – 8 AZR 318/22
- LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.07.2022 – 5 Sa 10/22[↩]




