Bewilligung von Sonntagsarbeit – und die Verfahrensbeteiligung der Kirchen

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens ist an Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Sonntagsarbeit in sächsischen Callcentern zu beteiligen. Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Im Einzelfall kann die Aufsichtsbehörde unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen bewilligen. So auch in dem hier letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall: Nachdem der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens bekannt geworden war, dass im Freistaat Sachsen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in Callcentern auf der Grundlage solcher Ausnahmebewilligungen beschäftigt werden, beantragte sie bei der Landesdirektion Sachsen ihre Beteiligung an allen laufenden und künftigen Bewilligungsverfahren. Die Landesdirektion lehnte diesen Antrag ab.

Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Dresden stattgegeben und festgestellt, dass der Freistaat Sachsen verpflichtet gewesen ist, die Landeskirche an Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Sonntagsarbeit in Callcentern zu beteiligen[1]. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat sich dieser Auffassung angeschlossen und die Berufung des Freistaates Sachsen zurückgewiesen[2]. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil bestätigt und auch die Revision des Freistaates Sachsen zurückgewiesen:

Die Landeskirche ist nach § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG an Verfahren zur Bewilligung von Sonntagsarbeit in Callcentern zu beteiligen. Dem Ausgang der Bewilligungsverfahren kommt der Landeskirche gegenüber rechtsgestaltende Wirkung zu. Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, die im Einzelfall Ausnahmen vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen zulassen, sind gegenüber Religionsgemeinschaften drittschützend. Diese können sich auf das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen, das durch die Sonn- und Feiertagsgarantie nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 Weimarer Reichsverfassung (WRV) konkretisiert wird. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der darin liegende verfassungsrechtliche Schutzauftrag richtet sich nicht nur an den Gesetzgeber, sondern ist auch von den Behörden bei der Entscheidung über Ausnahmebewilligungen zu beachten. Solche Entscheidungen hat der Freistaat Sachsen der Landeskirche bekanntzugeben.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 6. Mai 2020 – 8 C 5.19

  1. VG Dresden, Urteil vom 12.04.2017 – 4 K 1278/16[]
  2. Sächs.OVG, Urteil vom 11.04.2019 – 3 A 505/17[]